Teil 2. Die Superstars unter den Leuchttürmen: Bretagne

Im ersten Teil dieser kurzen Reihe über Leuchttürme und deren Geschichte und Geschichten haben wir uns mit den allersten Leuchttürmen beschäftigt, die zum Teil gar keine Leuchttürme waren: Stichworte „Koloss von Rhodos“ und „Pharos von Alexandria“. Es waren weder Griechen noch Ägypter, nein, die einen mögen die Philosophie gehabt haben, die anderen die Pyramiden – aber es waren die Römer, die den Leuchtturm um das Jahr 40 nach Chr. erfunden haben.


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Im zweiten Teil dieser kleinen Leuchtturm-Podcast Reihe wollen wir uns mit den unbestrittenen Stars unter den Leuchttürmen beschäftigen, die dort an den Küsten und auf den vorgelagerten Inseln oder Felsen stehen, wo Biskaya und Atlantik aufeinandertreffen, also dort, wo Winde und Wellen es zwischen Brest und Saint-Nazaire wirklich knallen lassen.
Frankreich hat lange Küsten mit 120 Leuchttürmen, 40 davon – und unter denen wieder die spektakulärsten – stehen an der kurzen aber sturmumtosten Küste der Bretagne.
Diese bretonischen Leuchttürme wurden von den Seeleuten je nach Rauheits- oder aus heutiger Sicht Unzumutsbarkeitsgrad der Arbeitsbedingungen in drei Kategorien unterteilt: „Hölle“ für Leuchttürme im Meer, „Fegefeuer“ für Leuchttürme auf Inseln und „Paradies“ für Leuchttürme am Festland. Das sagt vieles, wenn nicht alles, finde ich.
Meine persönlichen Stars der nächsten Minuten haben interessante Namen, und die lauten (und ich werde sie vermutlich falsch aussprechen): La Jument, Creac’h, Plouguerneau, Pierres Noires und Ar Men. Das ist meine persönliche Hitliste.
Mitten, aber wirklich mitten im Meer auf einem Miniinselchen, das nicht größer als der Querschnitt des Turmes ist, steht La Jument, dessen Bau von 1904 bis 1911 dauerte. Die Wächter von La Jument erzählten, dass sie manchmal spürten, wie sich der Leuchtturm regelrecht unter der Wucht der tosenden Wellen bewegte.
Mit einer Reichweite von 59 Kilometern ist der Leuchtturm Creac‘h einer der leuchtstärksten der Welt. Er gehört zu den fünf Leuchttürmen der Insel Ouessant, der naturbelassensten der bretonischen Inseln.
Mit 82,5 Metern ist Plouguerneau der höchste Leuchtturm Europas. Nachdem man mit dem Boot an dem von 1897 bis 1902 gebauten Turm angekommen ist, gilt es für Besucher, die 365 Stufen der wunderschönen Wendeltreppe mit den mit azurblauem Opalglas verkleideten Wänden emporzusteigen. Der belohnende Blick, wenn man oben angekommen ist, ist atemberaubend.
Wie baute man um 1867 einen Turm, der den tosenden Wellen des stürmischsten Meeres standhält? Man ließ sich von den Erbauern mittelalterlicher Burgen inspirieren und verdoppelte zur Sicherheit im Vergleich zu den bei Burgen üblichen angewandten Maßen den Durchmesser des Fundaments. Voilá. Die Alten hatten wohl recht – die Mauern von Pierres Noires haben bis heute locker gehalten.
Hölle der Höllen nannten sie ihn – und das hat seinen Grund. Ar Men liegt isoliert weit draußen im Atlantik. Die Arbeitsbedingungen bei seinem Bau waren schwierig bis unmenschlich. Als er stand, wurde es nicht besser. Teilweise konnte die Besatzung aufgrund des Wetters über Wochen nicht ausgetauscht werden. So wurde er eben als „Hölle der Höllen“ bezeichnet. Die Arbeiten dauerten ab 1867 14 Jahre und damit ungewöhnlich lange. Kein Wunder, da das gerade Geschaffene vom starken Wellengang immer wieder gleich wieder zerstört wurde.
Der Bau der Türme in dieser stürmischen Ecke Europas erforderte häufig geradezu heroische Bauarbeiter – wenn der Begriff „Held der Arbeit“ je eine Begründung hatte – auf diesen Baustellen war sie zu finden. Alte Fotos zeigen geradezu unmenschliche Arbeitsbedingungen.
Aber fast genauso heroisch waren die Männer, die auf diesen Türmen auf den kleinen Minieilanden, den Höllen der Höllen Dienst taten, um sie bei jedem Wetter in Funktion zu halten.
Und dieses Wetter kann dort wirklich beängstigend sein. So schwer es mir auch fällt, das zuzugeben – der Leuchtturm am Kap Arkona kann da keinesfalls mittmachen.
Kennen Sie die Fotos von Jean Guichard 1989 aus dem Hubschrauber von La Jument machte? Nein? Müssen Sie mal recherchieren, Ja? Dann wissen Sie, was ich meine…
Er hat auch die Leuchttürme am Kap Arkona und auf dem Dornbusch fotografiert – kein Vergleich, aber gar nicht!
Die Arbeit der Leuchtturmwärter auf den französischen Leuchttürmen war schwer und genauestens vorgeschrieben, die Bezahlung zwischen mies bis sehr schlecht, die Männer verdammt einsam auf ihren Vorposten da draußen in der See. Abwechslung außer der täglich gleichen Arbeit und dem Blick auf die heranrollende See gab es nicht.
Manchmal konnten die Männer wegen schlechten Wetters wochenlang nicht ausgetauscht werden. Dann mussten sie ausharren. Und wenn das Wetter dann den Tausch der Mannschaften zuließ, konnten die Boote oder Schiffe häufig nicht direkt an den Türmen anlegen. Dann wurden die Männer mit Hosenbojen an Kabeln von weit über 100 und mehr Meter von und zum Turm transportiert. Mutig mussten sie schon sein, diese Leuchtturmwärter. Verdammt mutig.
Damit will ich es mit den französischen Türmen bewenden lassen.
Natürlich kann das Kernland des Commonwealth „Lighthouses“ vorweisen. Die ältesten stammen noch aus der Römerzeit und wurden häufig in und auf religiösen Gebäuden auf Hügeln entlang der Küste errichtet. Im frühen 18.Jahrhundert begann der moderne Leuchtturmbau in Großbritannien. Eine Zunahme des transatlantischen Handels förderte den Bau von Leuchttürmen, um die Handelsschiffe mit ihren wertvollen Frachten vor Gefahren wie Riffen und Felsen zu warnen. Es gibt mehr als 60 Leuchttürme in ganz Großbritannien, die manchmal spektakulär sind, aber nie die Eleganz und den technischen Wagemut der französischen erreichen.


So, das soll es von diesen Leuchttürmen sein. Im nächsten Teil der Leuchtturm-Podcast-Reihe wird es um die deutschen Leuchttürme und vor allem um die beiden auf Kap Arkona gehen.